Wir sitzen im Postrock, spielen ultrahartes Mau-mau und hören nebenher der Liveband zu. Waffenbruder Heinz spielen ihre größten Hits: „Die Walküren fahren Mofa“, „Odin war Antifaschist“ und „Plündern, Fußball, Rock’n’Roll“. Letzterer erinnert uns daran, dass wir morgen das Postrock meiden sollten, schließlich ist am nächsten Tag DAS Spiel hier auf Großbildschirm zu sehen. DAS Spiel, das alle sehen wollen, vor allem alle Doofen und Lauten, weil dann DIE ANDEREN fertiggemacht werden sollen und dann sind WIR wieder Weltmeister. Schön blöd, denke ich, das WIR Weltmeister sind, ICH aber trotzdem keinen Werbevertrag mit Nutella bekomme und konzentriere mich wieder auf UNSER Spiel, das sowieso viel spannender ist als das Rumgerenne über grünen Rasen. Tine würfelt eine Sechs und knallt strahlend ihre Karten auf den Tisch. „Super-Mau“, ruft sie triumphierend, nimmt ihr iPhone aus dem Handystapel, schreibt eine geharnischte SMS an Wladimir Putin, schiebt ihr Telefon wieder zurück in den Stapel und notiert ihre wohlverdienten 75,3 Punkte. Ultrahartes Mau-mau haben wir selbst entwickelt und die Regeln sind zugegebenermassen etwas komplex. Erstaunlicherweise sind sie einfacher zu verstehen je betrunkener man ist. An einem Abend haben sich ein Philosoph und ein Atomphysiker zu uns gesellt und wollten, dass wir ihnen das Spiel erklären. Sie konnten relativ lange folgen, aber bei der Sonderregel, die wir scherzhaft „Gummiband im Dackelarsch“ nennen, fingen ihre Gesichter an unkontrolliert zu zucken und sie rannten weinend raus. Ich gebe neu. Motorkopp schaut auf seine Karten, schüttelt den Kopf und sagt: „Bin raus.“ Dann zündet er die Karten an, bröselt die Asche in seinen Jackie-Cola und trinkt ihn auf Ex, wie es in Regel 17a/Asche vorgeschrieben ist. Weil er weder hustet noch kotzt bekommt er acht Punkte gutgeschrieben, immerhin. Anneke kommt an unseren Tisch und nimmt Bestellungen auf. „Und?“, fragt sie. „Guckt ihr morgen auch DAS Spiel?“ Ich schüttele den Kopf. „Ne, mit DEM Spiel habe ich’s nicht so. UNSER Spiel ist viel cooler.“ In dem Moment ruft Jan: „FRAUENTAUSCH.“ Ich geb ihm eine Dame, er gibt mir eine. Verdammt. Jetzt habe ich eine 11, eine Herz Dame und den Kreuz Buben in der Hand. Laut Regel 74/Sportsfreund muss ich jetzt doch DAS Spiel gucken. „Tja, Anneke“, sage ich. „Wie es aussieht bin ich morgen doch am Start. Und du mußt mir noch mal dein Brautkleid leihen.“ Wie gesagt, die Regeln sind sehr komplex. Wie es halt so ist bei DEM Spiel, das man Leben nennt. Oder superhartes Mau-mau.